Im Glanz der Rose von Sitamun (Weil ich ohne dich nicht leben kann) ================================================================================ Prolog: Ein sehnsüchtiger Blick ------------------------------- Er ging. Ich weiß. Vor Ewigkeiten. So kommt es mir zumindest vor. Ich weiß sehr wohl, dass es nur vier Jahre sind, und auch, wenn wir das letzte dieser vier Jahre damit verbrachten, nach ihm zu suchen, ihn zwischendurch auch fanden und dann doch wieder aus den Augen verloren, bleiben es Ewigkeiten. Er ist weg. Ich liebte ihn, über alles. Er war mir wichtiger als mein Leben, sehr viel wichtiger, doch das ist vergangen und es stört mich nicht im Geringsten. Heute ist heute und damals war damals. Das ist ein Unterschied, der einem sofort ins Auge springt. Ich lebe mein Leben und er lebt seines. Wo ist da etwas undeutlich? Genau. Das dachte ich auch. Nirgends. Ich will ihm nicht mehr hinterher trauern. Kann auch nicht mehr. Es ist genug. Schon lange. Ich habe ihn aufgegeben. Brauche ihn nicht mehr. Punkt. Es gibt noch genug andere Fische im Teich. Und auch wenn ich mir heute keinen dieser anderen Fische angeln mag, sehe ich, wenn ich jetzt in den Spiegel blicke, eine bezaubernde Frau. Das blonde Haar kunstvoll hochgesteckt, mit Spangen darin, die den Kopf schwer machen und eine gute Nackenmuskulatur erfordern, wenn man stundenlang mit dieser Frisur rumlaufen will, muss, kann – wie auch immer. Das Gesicht ist leicht weißlich geschminkt, bis runter zur Brust und bis zum Nacken, der von dem feinen, aber schweren Stoff frei gegeben wird. Der Kimono, der den schlanken Körper umgibt, ist von zarten Pastell- und Fliedertönen, eine liebliche Kombination. Ein Blick aus sehnsüchtigen blauen Augen. Wer hätte gedacht, dass eine militärische Einrichtung wie mein Dorf eine ganze Okiya besitzt? Ich lächele. Mein Aussehen erinnert mich stark an die Geishas aus meiner Kindheit, von denen meine Großmutter mir immer vorgeschwärmt hatte. Doch heute, so meinte sie wehleidig, würden solche Werte von Schönheit nicht mehr geschätzt. Ich will ihr hiermit keinen Gefallen tun. Mir gefällt nicht einmal selbst, was ich tue. Wie ich herausgeputzt werde. Aber eine Kriegerin, eine Ninja, wie ich es bin, weigert sich nicht, eine Mission anzunehmen. Um sie zu erfüllen – dafür wird man ein Schattensoldat. Und dafür bringt man Opfer. Ein weiterer Blick zum Spiegel. Das größte Opfer ist wohl die blonde Perücke; ich mag mein rosa Haar viel lieber. Und die blauen Augen … Eine bezaubernde Frau … Ich greife zu den Kunai links neben mir, verstecke sie in meinem Obi, an meinen Oberschenkeln und an sonstigen Stellen, an denen kein Mann sich zur vergreifen wagen wird, der nur nach Unterhaltung verlangt. „Dein Opfer ist Matsuda Shirakawa. Deine Rückkehr wird in spätestens drei Tagen erwartet. Du weißt, welche Informationen du von ihm zu beschaffen ist. Töte das Zielobjekt, wenn es nicht anders geht.“ „Geh!“ Matsuda Shirakawa. Eine unbedeutende Person. Ich glaube nicht, dass er überleben wird. Eine letzte Überprüfung des Giftes und anderer zerstampfter Medikamente, die ich dicht an meiner Haut versteckte. Alles da. Ich gehorche. Meine Mission wartet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)