Im Glanz der Rose von Sitamun (Weil ich ohne dich nicht leben kann) ================================================================================ Kapitel 1: Aber wenn ... ------------------------ Aus seinem Mund stinkt es nach Alkohol und ich bedauere es fast schon, ihn so weit getrieben zu haben – um meiner selbst Willen versteht sich. Mein Magen dreht sich fast um bei der Vorstellung noch länger als fünf Minuten so nah bei ihm zu sein um ihn endlich gesprächig zu bekommen. Aber ich glaube nicht, dass es noch allzu lange dauern wird. Sein Blick, der vorhin, als ich mich zu ihm gesellte, noch fest war, unzerbrechlich, ist bereits weich geworden. Er wird reden. Sicherlich. Ich berede ihn, flüstere ihm die süßesten Worte ins Ohr und er grinst nur dümmlich als Antwort, legt seinen Arm um mich und drückt mich an ihn. Wenn er redet, lallt er bereits und es wird immer schwerer, ihn genau zu verstehen. Langsam und vorsichtig, immer noch von begleitet von gehauchtem Süßholzraspeln, stelle ich ihm die Fragen, die ich stellen muss. Er antwortet mit stolzem Grinsen, gibt all die Informationen problemlos frei, die ich haben muss, und ihm scheint es noch nicht einmal in den Sinn zu kommen, dass ich vielleicht nicht die bin, für die ich mich ausgebe. Und wenn doch … ihn interessiert es anscheinend nicht. Sein Mund an meiner Wange haucht die Antworten, nach denen ich verlange, und mir wird immer schlechter, aber ich drücke ihn nicht weg, hole nur tief Luft als er sich kurz wegdreht um einen Schluck Sake zu trinken. Er nuschelt und das einzige, was ich verstehe, ist sein letzter Fluch auf uns Schattenkrieger aus dem Dorf, das versteckt unter den Blättern liegt. Dann macht sich die Unmenge an Reißwein, die er an diesem Abend in sich reinkippte, bemerkbar und er fällt nach hinten um, landet unsanft auf dem Boden. Edelmänner wie er sind selten wirklich trinkfest. Aber ich habe erfahren, was ich erfahren sollte. Morgen früh werde ich zurückkehren, in unser Dorf, dort meiner Meisterin erklären, dass ich den Schuldigen für die unzähligen Angriffe auf unsere Ge-nin gefunden habe. Darauf bedacht, dass niemand meinen Handgriff sieht, greife ich unter die Lagen von Stoff und unter diesem hole ich eine kleine Flasche hervor mit klarem Inhalt. Drei kleine Tropfen finden den Weg in seinen Mund. Es wirkt langsam. Morgen früh wird er tot sein. Man kann es nicht riechen und es schmecken auch nicht. Keiner wird es herausfinden können. Es gibt kein Gegengift. Die verräterische kleine Flasche verschwindet wieder unter den Stoff, wird wieder unsichtbar für die Augen all jener, die mir einen winzigen Moment ihrer Aufmerksamkeit schenken. Ein letzter Blick zu der Wirtin, deren Blicke ich auf mir spüre. Ich greife zu der Schale mit einem Rest Sake, aus welcher der Edelmann getrunken hat, ich proste ihr zu und trinke einen Schluck. Sie erwidert mein Lächeln und dreht sich nach hinten, spricht mit irgendjemandem und kurz darauf erscheinen zwei Männer an meiner Seite, die den Aristokraten entweder rausschmeißen oder ihn auf sein Zimmer bringen. Ich weiß es nicht. Aber jetzt kann es mir egal sein. Ich brauche ihn nicht mehr. Außerdem ist er schon so gut wie tot. Immer noch mit einem glücklichen Lächeln bringt die Wirtin mir höchstpersönlich eine neue Flasche Weißwein, eine eigene Schale und schenkt mir ein. Sie geht wieder, elegant und mit bezaubernden Bewegungen. Sie hat gelernt, sich so zu verhalten, hat vermutlich Tage, wenn nicht sogar Monate oder gar Jahre, vergeudet mit zähem Unterricht, aber vermutlich würde sie dasselbe auch zu meinem Beruf sagen. Und deswegen hat sie gerade auch wahrscheinlich so glücklich gelächelt. Ihr kleines Häuschen ist bekannt für ihren guten Sake, die schönen Mädchen, die die Gäste unterhalten sollen – es zieht die reichere Bevölkerung in Scharen an und wenn sich so viele Edelmänner an einem Ort versammeln, grenzt es geradezu an ein Naturgesetz, dass hier so viele von ihnen umgebracht werden. Die Wirtin hatte anscheinend gedacht, ich hätte ihren Gast vergiftet, indem ich ihm was in den Sake schüttete, aber ich hatte ja aus seiner Schale getrunken und wer vergiftet sich schon selbst? Es ist ein guter Plan. So einfach. Ich hatte ihr einen Handel angeboten. Da ich nur auf der Durchreise sei und ich nicht sehr viel Geld dabei, dafür aber Erfahrung, in dem, was ich tat, hatte, könnte ich ja vielleicht – wenn sie es gestattete – die Kosten für Zimmer und Verpflegung auf andere Art abbezahlen. Sie war einverstanden. Und jetzt bin ich mir sicher, dass sie es nicht bereute. Nicht im Geringsten. Das heißt jetzt allerdings, dass ich weitermachen muss, weiter die Fahne von angetrunkenen Edelmännern einatmen und darauf hoffen muss, dass ich diesen Gestank aushalte. „Hime-sama“ Ein junges Mädchen kniet neben mir. Ich hatte vorhin ihr Gesicht sehen können und sie ist wirklich ein bezauberndes Mädchen – wäre ich einer dieser Edelmänner, würde ich allein wegen ihr kommen um sie mir immer wieder ansehen zu können. Ich bin mir sicher, selbst ohne diese ganze Schminke ist sie eine sehr schöne junge Frau. „Was ist?“ „Mama-sama möchte, dass Ihr Euch um einen weiteren Gast kümmert. Ich führe Euch zu ihm.“ „Ist er alleine?“ „Um seine Kameraden müsst Ihr Euch nicht kümmern.“ Ihr Antworten sind knapp, ihr Ton ein wenig misstrauisch, ihre Augen – könnte ich sie denn sehen – würden mich garantiert mustern, genau studieren und auf jede Kleinigkeit achten. Als wäre sie der Ninja und nicht ich. „Bring mich zu ihm.“ Sie nickt, erhebt sich und geht mit kleinen Schritten voran, führt mich zu dem Mann, den ich unterhalten soll. Angekommen, kniet sie sich elegant hin, ihre Stirn berührt fast den Boden, und ich tue es ihr gleich, verbeuge mich jedoch nicht ganz so tief. Ich konnte nur einen kurzen Blick auf ihn erhaschen, auf seine dunklen Haare, die ihm geheimnisvoll in die Stirn hängen und sein Gesicht umrahmen, auf seine dunklen Augen, die auf einen Punkt in der Ferne sahen, während sein Kamerad sich mit ihm unterhielt. Über was? Einen Kampf mit wem? Seinem Bruder? Der Mann lacht leise. Diese Stimme … Sie kommt mir so unglaublich bekannt vor … wer wohl aus meinem Bekanntenkreis hierher kommt? Kein Ninja geht zur Erholung hierhin … jeder weiß doch, dass wir hier arbeiten … Missionen durchführen … und wenn eine von uns Kunoichi auffliegt, dann wird der Rest garantiert auch nicht lange unentdeckt bleiben. Wer ist er? Doch nicht … Er hört auf zu lachen. „Du kannst gehen“, sagt er zu dem schönen Mädchen, das mich herführte, das sich nun erhebt und lautlos verschwindet, während mein Blick weiterhin zu Boden gerichtet ist. „Und Ihr, Hime-sama … seht mich an.“ Seine Stimme klingt so, als wäre er an Befehle schon lange gewöhnt, egal, ob er sie bekam oder austeilte wie jetzt. Ich gehorche. Seine Lippen umspielt von einem dunklen Lächeln. Er trägt einen dunklen Mantel, den er geöffnet hat und der ihm nur noch locker um die Schultern hängt. Seine Kleidung darunter ist ebenfalls schwärzlich, neben ihm erkenne ich aus den Augenwinkeln eine kleine Tasche. Eine, wie jeder Ninja sie trägt, um in ihr Wurfmesser und all das andere kleine Werkzeug zu verstauen, das er braucht. Also doch. Aber wer? „Wart Ihr gestern Nacht ebenfalls hier?“ „Nein, mein Herr. Ich bin nur auf der Durchreise. Ich werde dieses Haus im Morgengrauen wieder verlassen.“ Seine Augen, der Ausdruck in ihnen kommt mir so bekannt vor. Das Licht ist nur schummrig und je länger ich diesen Mann vor mir ansehe, desto mehr habe ich das Gefühl, die Person in ihm zu erkennen, die ich schon längst aufgegeben hatte. „Warum werdet Ihr dann als Hime-sama gepriesen? Ist Euch Euer Ruf so weit vorausgeeilt?“ Aber wenn er das ist … so kenne ich ihn gar nicht … „Ich weiß es nicht, mein Herr. Aber manchmal reicht es aus, den Wind vorauszusagen. Ob er wirklich kommt, bleibt ein Geheimnis.“ Meine Großmutter meinte mal zu mir, eine Geisha spricht gerne in Rätseln und Bildern, deren Verständnis nicht jeder wert ist. Des Mannes Lächeln wird zu einem Lachen, einem unauffälligen, leisen. Er schüttelt den Kopf. „Da mögt Ihr Recht haben, Hime-sama.“ Das Mädchen von gerade bringt uns Sake, kniet noch einmal vor uns nieder und geht dann erneut. Mit verführerischen Gesten greife ich zu der Flasche, schenke ihm ein wenig in die kleine Schale ein und reiche sie ihm. „Aber was ist, wenn der Wind wirklich weht?“, fragt er mich und nimmt die Schale entgegen, trinkt einen Schluck, lässt mich dabei nicht aus den Augen. „Wenn er denn weht, mein Herr, dann ist es nicht an mir, zu beurteilen, was passiert.“ „Eine bescheidene Meinung“, antwortet er, bietet mir seine Schale dar, damit ich sie erneut auffülle. „Sasuke – deine Flirterei nervt. Kannst du das nicht machen, wenn wir nicht dabei sind?“ Ich kenne diesen anderen Mann nicht und zum ersten Mal, seit ich mich zu ihnen setzte, sehe ich an; er ist keine Augenweide und um ihn nicht von der Bettkante zu stoßen, müsste ich ihn mir bereits sehr schön getrunken haben. Aber ich hatte ja auch schon vorher gehört, dass er nicht allein durch die Gegend zieht. Ich weiß, dass er ihr Anführer ist und dass sie ihm ausreichend Respekt zollen, aber es scheint nicht so, dass sie deswegen anders mit ihm umgehen würden, als wäre er ihnen gleichgestellt. Er blickt ihn einfach nur an, der andere zuckt zurück, versteht, erhebt sich zusammen mit dem letzten der drei Männer. Er bleibt mit mir alleine zurück. „Ein schöner Name, mein Herr.“ „Und welchen Namen tragt Ihr, Hime-sama?“ Was soll ich … Kann ich … Ich fülle seine Schale mit Sake wieder auf, rücke näher an ihn heran, und setze sie an seinen Mund. Er trinkt. „Ihr kennt ihn bereits, Sasuke-sama.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)