Im Glanz der Rose von Sitamun (Weil ich ohne dich nicht leben kann) ================================================================================ Kapitel 22: In den Schatten --------------------------- Sasuke schweigt, blickt mich noch nicht einmal an, als ich die fünf Blätter sinken lasse und meine Augen auf ihm ruhen. Dieser Brief … Itachi hat ihn nicht an einem Tag durch geschrieben, die Gedankensprünge zwischendurch hätte ich kaum besser erkennen können. Hin und wieder widerspricht er sich sogar selbst – ein wenig, nicht offensichtlich. Aber vielleicht kommt es mir auch nur so vor, weil Itachis Laune von traurig auf brutal wechselte. Was wohl passiert war, während er diesen Brief schrieb? Irgendetwas lenkte ihn ab. „Trägst du die anderen drei Seiten immer mit dir herum?“ Meine Stimme ist leise, ich flüstere fast, als würde es irgendetwas an dem ändern, was ich gerade gelesen habe. Die Tatsache, dass es dennoch passiert war, lindern würde. Er nickt gedankenverloren. Sagt nichts weiter. „Es muss doch … tut es nicht weh?“ Er schüttelt den Kopf. Ich kann nicht anders als zu lächeln. „Itachi muss ein seltsamer Bruder gewesen sein … ein wechsellauniger vor allen Dingen …“ Sasuke reagiert darauf nicht, sondern starrt einfach irgendwohin. In dem Dämmerlicht der Kerze kann ich nicht erkennen, auf was er sieht. Eine Rose … ich schaue auf das Wort für mehrere Sekunden. Itachi verzierte den Anfangsbuchstaben des Wortes aufwendig und ich werde das Gefühl nicht los, dass er die Rosen, die bereits im Garten standen, als er hier noch lebte, lange angesehen haben muss. Kam er zu demselben Schluss wie ich? Diese Augen und diese Rose … Sasukes Namen oder die Bezeichnung für ihn, nämlich Bruder, schrieb er auf dieselbe Art, die Linien sind mehrfach gezogen, als hätte er den angefangenen Brief, als er ihn schrieb, mehrmals durchgelesen, hätte an einem Absatz fest gehangen, bevor er weiter schreiben konnte. Wie viele Tage hatte er für diesen Brief gebraucht? „Wann hast du den Brief gefunden?“ „Kurz bevor ich euch verließ.“ „Hat sich dein Bild von ihm verändert? Nach diesem Brief?“ Er nickt. „Sehr?“ „Viel zu sehr.“ „Hasst du ihn immer noch? Willst du ihn überhaupt noch töten?“ Er antwortet nicht, hüllt sich in Schweigen, drückt sich vor der Entscheidung genau wie ich es getan habe. „Sagst du es mir irgendwann?“ Er nickt wieder. „Danke“, flüstere ich ihm zu, falte den Brief wieder ordentlich und lege ihn in die Kiste. Dann sitzen wir einfach da auf meinem neuen und seinem alten Bett, schweigen in die Dunkelheit hinein. Meine Hand tastet sich nach seiner und hält sie fest. Ich fürchte die Finsternis nicht, aber in diesem Moment beschleicht mich das Gefühl, dass sein undurchschaubarer Bruder in jener düsteren Ecke, in die das Kerzenlicht nicht gelangt, steht und uns ansieht. Die Schatten flackern und einen Augenblick lang glaube ich, seine Umrisse an der Wand zu erkennen, ihn mit seinem schwarzen Umhang wirklich hier in diesem Zimmer stehen zu sehen, doch dann ist wieder alles so wie es war. Der kleine Lufthauch, der die Flamme der Kerze zittern ließ, legt sich wieder. „Warum kam Naruto heute erst so spät zurück?“ Erneut eine Frage mitten aus dem Nichts, doch dieses Mal erschrecke ich nicht. Sein Daumen streichelt über meinen Handrücken. „Sie haben die Information, dass die Brüder Uchiha ihren letzten Kampf in diesem Monat austragen wollen und sie versuchen seit dem herauszufinden, wann genau das sein wird. Sie reden im Büro der Hokage darüber und nebenbei werden sie garantiert auch noch einige Jo-nin auf Missionen schicken, um weitere Informationen zu bekommen.“ Das erste Mal, dass ich ihm eine Frage beantworte, die mit irgendwelchen Strategien, Plänen oder ähnlichem des Dorfes zu tun haben. Jedes andere Mal war ich ihm ausgewichen, hatte geschwiegen. „Was für Vorkehrungen wollen sie treffen?“ Sein Blick ruht immer noch auf irgendeiner Stelle, von der mir jetzt erst auffällt, dass es die ist, an der ich gerade Itachis Umrisse zu sehen geglaubt hatte. Aber da ist niemand. „Ich weiß es nicht. Naruto … spricht nicht mit mir darüber …“ „Warum nicht?“ „Ich weiß nicht …“ Oder? „Tsunade könnte es ihm befohlen haben, zu schweigen …“ Ich schweige, überlege. Vielleicht will sie nur nicht, dass ich mich zu sehr aufrege und damit die Wehen schon vorher eingeleitet werden. Denn, mir fällt gerade ein, das Datum des ersten Tag des Vollmondes und das von Tsunade geschätzte Datum der Geburt meines Kindes – sie liegen direkt beieinander. Das hatte ich vollkommen vergessen. „Sasuke?“ „Ja?“ „Egal, was passieren wird zwischen dir und Itachi – ich möchte, dass unser Kind deinen Namen trägt. Ich will, dass jeder weiß, zu welchem stolzen Clan es gehört.“ „Danke.“ „Wofür?“ „Wenn wir beide an diesem Abend sterben sollten, dann stirbt der Clan Uchiha aus.“ „Das wird er nicht.“ Ich spreche diese Worte aus und gleichzeitig führe ich seine Hand, die ich hielt, zu meinem Bauch, dorthin, wo sein Kind in mir ruht. „Wann ist es so weit?“ „Fast zur selben Zeit. Deswegen soll Naruto vermutlich schweigen, damit ich mich nicht zu sehr aufrege …“, antworte ich ihm. Er fragte. Fragte wirklich nach seinem Kind. Zum ersten Mal. Tränen des Glücks fließen über meine Wangen und ich lächele. Sasuke streicht sie mit seiner freien Hand weg und erwidert mein Lächeln. „Ich hoffe, dass es erst danach so weit sein wird. Ich will –“ Er kann seinen Satz nicht vervollständigen, weil ich ihm mit einem Kuss das Wort verbiete. Ich hatte es nicht gehört, aber ich weiß, was er sagen wollte, und allein das lässt mich die ganzen Tränen des gestrigen Abends vergessen, glücklicher sein als je zuvor in den letzten Monaten. Ich kann mich nicht daran erinnern eingeschlafen zu sein, aber als ich wieder aufwache, bin ich erneut nicht alleine. Eine Hand liegt auf meiner Schulter, eine sanfte Berührung, die mich wecken soll. Das leise Aussprechen meines Namens. Die Hand hat nicht so feine Finger wie vorhin, sie ist nicht ganz so schlank und ihr Handrücken ist deutlich breiter. Ich blicke von der Hand auf die Person, zu der sie gehört. Blonde Strähnen fallen ihr ins Gesicht und ein Grinsen ziert ihr Gesicht. „Guten Morgen, Sakura. Gut geschlafen?“ Naruto trägt auf seiner freien Hand ein Tablett, auf dem ich von hier unten nur einen kleinen Korb, aus dem ein paar Scheiben Vollkornbrot ragen, und eine Vase mit einer roten Rose erkennen kann. Langsam setze ich mich auf. „Guten Morgen, Naruto. Wieso bist du schon zu früh wach?“ „Früh?“, wiederholt er und lacht dabei. „Wir haben gleich halb zwölf, fast schon Zeit fürs Mittagessen“, sagt er und klingt gespielt tadelnd. Er nimmt seine Hand von seiner meiner Schulter und mit dieser die Kerze auf meinem Nachtschränkchen, stellt sie auf das Tablett und zündet sie meinem Feuerzeug aus seiner Hosentasche an. Vorsichtig legt er das Tablett auf dem Schränkchen ab. Naruto zieht sich den Stuhl an meinem Schreibtisch ans Bett heran und setzt sich darauf, während ich mich ordentlich hinsetze, Kissen zwischen meinen Rücken und der Wand packe und mich dann dem Frühstück, das er für mich zubereitete, zuwende. „Wie kommt’s, dass du so lange geschlafen hast? Normalerweise bist du doch schon um fünf wach“, meint er, sieht mich neugierig an und klingt trotzdem nur halbherzig interessiert, als wäre er am liebsten doch ganz wo anders. Überall, nur nicht hier. „Weiß nicht … hatte wohl einen schönen Traum gehabt …“ „Erinnerst du dich noch an ihn?“ Ich schüttele lächelnd und bedauernd zugleich den Kopf. „Kam Sasuke darin vor?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)